125 Jahre Männerchor Hagen

125 Jahre Männerchor Hagen

aus: Nachrichten aktuell Hagen a.T.W. 4/2014, S. 3-6

Johannes Brand

Von der Liedertafel zum Männerchor

Die Männerchorbewegung hat ihren Ursprung im 19. Jahrhundert. Geistige Quellen waren vor allem der politische Patriotismus, die Geisteswelt der Romantik und die Arbeiterbewegung. Vielfach bildeten sich Gesangsgruppen in den verschiedensten Vereinen, deren Gründungen übrigens auch ein typisches Merkmal der Sozialgeschichte des 19. Jahrhunderts sind. Solche Gesangsgruppen werden in Hagen erstmals für die Zeit um 1870 erwähnt. Wichtig davon ist der Bürgerverein von 1888 mit einer Chorgruppe, dem „Bürger-Gesang-Verein“. Aber erst 1889 wurde ein erster reiner Gesangverein, die „Liedertafel Hagen“ gegründet. Von Bedeutung sind daneben noch die „Katholische Männer Union“ mit einer Gesangsabteilung (1896), die sich bald mit der „Liedertafel“ zur „Union-Liedertafel“ zusammenschloss, und die Chorabteilung des Katholischen Arbeitervereins (1910). Nach dem Ersten Weltkrieg waren alle drei Chöre durch den Tod vieler junger Sänger und die wirtschaftliche Not so geschwächt, dass man sich 1921 entschloss, einen gemeinsamen Chor unter dem Namen „Männergesangverein Hagen“ zu bilden. Als Gründungsjahr wurde dabei das Jahr der Gründung der Liedertafel festgelegt. Eine Unterbrechung der Chortätigkeit gab es dann noch einmal während des Zweiten Weltkriegs. Erst 1948 konnte das Vereinsleben wieder aufgenommen werden.

Eine wichtige Zäsur war das Jahr 1995, als sich der „Männergesangverein Hagen a.T.W. von 1889“ in „Männerchor Hagen a.T.W. von 1889“ umbenannte. Das war zwar ein Modernisierungsschub für das Vereinsimage, aber die alten Strukturen wollte man damit nicht ändern. Denn nach wie vor gilt im Männerchor, dass nicht nur das gemeinsame Singen, das Einüben mehrstimmiger Chorsätze auf hohem Niveau und die Aufführung von Konzerten das Vereinsleben bestimmen sollen. Zum Übungsabend geht man auch, weil man seine Sängerfreunde trifft, mit denen man sich auch im sonstigen Alltag eng verbunden weiß. Deswegen gehören auch viele gesellige Zusammenkünfte wie Stiftungsfest, Grillabend, Grünkohlessen, Maigang oder Ausflüge zum festen Bestand des Vereinslebens. Zeichen des engen Zusammenhalts der aktiven Sänger ist auch die musikalische Teilnahme an Ehejubiläen und runden Geburtstagen der Sangesfreunde.

Die Fahne

Vor allem im 19., aber auch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein, war die Vereinsfahne das wichtigste identitätsstiftende Symbol des Vereins, das bei allen Veranstaltungen dabei war und bei Umzügen den Mitgliedern vorangetragen wurde. Eine uns nicht mehr bekannte Fahne wurde wohl gleich nach der Gründung der Liedertafel beschafft. Aber nach dem Zusammenschluss zur „Union-Liedertafel“ wurde die Anschaffung einer neuen Fahne beschlossen. Zur Fahnenweihe wurde in Hagen ein großes Sängerfest veranstaltet, was die Bedeutung der Vereinsfahne unterstreicht. Nach dem Zusammenschluss zum Männergesangverein im Jahre 1921 ließ man die Fahne noch einmal umgestalten mit dem neuen Vereinsnamen. Nach einer letzten Präsentation zum 65-jährigen Vereinsjubiläum im Jahre 1954 geriet sie schlicht in Vergessenheit. Zufällig wurde sie bei Aufräumungsarbeiten auf dem Dachboden des Vereinslokals im Jahre 2010 in einem desolaten Zustand wiedergefunden. Mit hohem Kostenaufwand ließ der Männerchor daraufhin dieses historische Dokument restaurieren.

Die Fahne zeigt auf der burgunderroten Vorderseite den Vereinsnamen und die Jahreszahlen 1889 (Gründungsjahr) und 1898 (Fahnenweihe). Ein symbolisches Bild zeigt umgeben von einem Lorbeerkranz (Sieg, Ruhm) einen Schwan (Schönheit, Tugend, Gesang), der einen Nachen zieht, auf dem eine weibliche Figur (Germania?) mit einer Lyra (Musik, Gesang) steht. Auf der goldgelben Rückseite findet sich in einem Eichenkranz (Treue, Standhaftigkeit, Beständigkeit) eine auf einem Notenblatt stehende Lyra, umgeben von dem Vereinsmotto: „Sind wir von der Arbeit müde, ist noch Kraft zu einem Liede“.

Musikalische Entwicklung seit der 100-Jahr-Feier

Die aus dem 19. Jahrhundert herrührenden Sängerfeste mit Volksfestcharakter und Umzügen durch den gastgebenden Ort mit zahlreichen Männerchören gehören der Vergangenheit an. Dennoch aber wird der Kontakt zu den benachbarten und befreundeten Chören gepflegt. So gibt es seit 1994 jährlich ein sogenanntes Freundschaftssingen der in der Sängerkreisgruppe Hüggel zusammengeschlossenen Chöre aus Hagen, Hasbergen und Georgsmarienhütte. Seit 2007 treffen sich einmal im Jahr die vier Hagener Männerchöre an der Gellenbecker Mühle und pflegen durch gemeinsames Singen und Feiern ihre Nachbarschaft und Freundschaft. Daraus erwuchs auch ein gemeinsames Konzert in der ehemaligen Kirche im Jahre 2008.

Schon unter den Dirigenten Walter Bruns, Gerhard Handschick und Wolfgang Herkenhoff in den 1960er bis 1980er Jahren hatte man mehr oder weniger regelmäßig Konzerte in Hagen gegeben, zu denen auch weitere musikalische Gäste, Instrumentalisten und Gesangssolisten, eingeladen wurden. Diese Tradition wurde auch fortgesetzt unter den Dirigenten Manfred Golbeck (seit 1998), Clemens Breitschaft (seit 2010) und Holger Dolkemeyer (seit 2013). Der Chor wusste um seinen hohen Leistungsstand und traute sich durchaus das gemeinsam Musizieren mit professionellen Solisten zu. Seit den 1990er Jahren gab es fast jährlich ein solches Konzert. Man nahm sogar an konzertanten Aufführungen der Opern „Der Freischütz“ und „Die Zauberflöte“ teil. Und zweimal lud der Chor die weltberühmten Donkosaken zu einem Konzert in Hagen ein und trat dabei selbst sozusagen als Vorgruppe auf.

Der Männerchor Hagen bei seinem Weihnachtskonzert 2013.

Eine ganz besondere Tradition entwickelte der Chor mit seinen Weihnachtskonzerten, die seit 2001in der Adventszeit, seit 2003 jeweils am vierten Adventssonntag stattfinden. Im Wechsel von weihnachtlichen Chorsätzen, besinnlichen Texten und Instrumentalstücken stimmt der Chor mit weiteren örtlichen Musikerinnen und Musikern auf das Weihnachtsfest ein. Wie beliebt diese Konzerte sind, ist daran ersichtlich, dass beim Konzert im Jahr 2013 die Ehemalige Kirche mit 550 Besuchern voll besetzt war.

Mehrfach stellt sich der Chor in den vergangenen Jahren auch einem anspruchsvollen Leistungsvergleich. So fuhr man im Jahr 2005 in die Hagener Partnerstadt Barczewo in Polen zu einem Internationalen Chorwettbewerb. Auch wenn man unter teilweise professionellen Chören keine Chance auf einen der vorderen Plätze hatte, fand man doch viele neue Freunde und trug zur Vertiefung der Beziehung zwischen den beiden Partnerorten bei. Dann nahm der Chor 2007an einem Chorwettbewerb des Chorverbandes Niedersachsen-Bremen (CVNB) in Verden teil und fand als einer der besten Chöre hohe Anerkennung. Die Folge war eine Einladung zu einem Konzert der besten Chöre im Folgejahr in Verden. Im Jahr 2013 veranstaltete der CVNB sogar ein Konzert in der Ehemaligen Kirche mit dem Männerchor Hagen, dem Frauenchor „Viva la Musica“ aus Osnabrück-Haste und einem Projektchor des CVNB, der die Missa choralis von Franz Liszt vortrug. Schließlich wurde der Männerchor Hagen noch zur Teilnahme am Galakonzert eines CVNB-Kongresses unter dem Titel „Man(n) singt an der Ems“ in Lingen eingeladen.

Weiterhin stellte sich der Chor bei vielen Benefizkonzerten in den Dienst der guten Sache. Ausflüge waren oft verbunden mit Auftritten, so zum Beispiel auf der Landesgartenschau in Bad Zwischenahn oder bei einem Hochamt im Dom von Mainz. Besonders lebhaft in Erinnerung ist eine dreitägige Fahrt nach Berlin mit einem Benefizkonzert in der Laurentiuskirche zugunsten der Bartholomäusgesellschaft, die in Äthiopien engagiert ist. Immer wieder gab es auch Auftritte bei Chorkonzerten in der Osnabrücker Stadthalle.

Hier kann nur ein Ausschnitt aus dem vielfältigen Wirken des Männerchores Hagen wiedergegeben werden. Aber er zeigt doch seinen hohen Leistungsstand und seine Vielfältigkeit. Um diese zu erhalten, freut sich der Männerchor über neue Sänger jeden Alters. Es ist zu wünschen, dass dieser großartige Chor, der nun sein 125-jähriges Bestehen feiern kann, auch in 25 Jahren noch ein bedeutender Pfeiler in der Hagener Kultur- und Vereinsszene sein wird.

Sein 125-jähriges Bestehen wird der Männerchor Hagen mit einem Jubiläumskonzert in der Ehemaligen Kirche am 19. Oktober um 17 Uhr feiern.

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