Das alte Pfarrhaus

Von Rainer Rottmann

Nach einem Erlaß Karls des Großen sollten einer jeden neugegründeten Pfarr­kirche drei Bauernhöfe als Ausstattung hinzugegeben werden, um die materiel­le Versorgung des Priesters sicherzustellen. Zwei Höfe sollten dem Priester als dem Grundherrn abgabepflichtig sein, den dritten Hof aber sollte er selbst be­wohnen und bewirtschaften.

Auch in Hagen ist man diesem Erlaß gefolgt, indem man die Höfe Wortmann in der Bauerschaft Mentrup und Püning in Beckerode (heute Stock, Dorfstraße) in die Abhängigkeit des Pfarrers stellte und diesem selbst einen Hof, den eigentli­chen „Pfarrhof" zur Nützung überließ. Die eigentliche Hofstelle dieses Pfarrho­fes lag jedoch nicht immer an ihrem jetzigen Platz etwas abseits, sondern ursprünglich direkt südlich der Kirche, etwa dort, wo heute das „Kino Herkenhoff" steht.

 Erst durch einen Grundstückstausch im Jahre 1341 scheint der Pfarrhof an sei­ne jetzige Stelle verlegt worden zu sein. Daß der damalige Pfarrer Arnoldus die­ser Verlegung an den Rand des feuchten und sumpfigen Maschbrooks zustimmte, mag seine Ursache darin gehabt haben, daß die Pfarrer jener Zeit zumeist in Osnabrück wohnten und an guten Wohnverhältnissen in Hagen kein Interesse hatten. Immerhin scheint es zu Zeiten des Pfarrers Johan von Holte ein Pfarrhaus gegeben zu haben, denn im Verlauf einer Fehde des Ritters Frie­drich Bück zu Wulften mit der Stadt Osnabrück geriet der Ritter auch mit dem Hagener Pfarrer in Streit und wollte dessen Haus in Hagen verbrennen („... dat se wolden des Kerchern hus van Hagen gebrant hebn..."). Wahrscheinlich dien­te dies Haus den „Vicecuraten" (= Hilfspriestern), die hier den Gottesdienst ver­sahen, mehr schlecht als recht als Behausung, denn 1560 beschwert sich Hermann Kruse, der erste wieder ständig in Hagen wohnende Pfarrer, die Vicecuraten hätten den ganzen Hof vernachlässigt; das Haus sei verfallen und die Hofstelle liege ,,zaunlos'' dar, so daß das Vieh einbrechen könne.

Man wird davon ausgehen dürfen, das schon bald ein neues Pfarrhaus gebaut worden ist. Es diente bis 1590 Hermann Kruse, danach seinem Sohn und Nach­folger im Amt des Pfarrers, Konrad Kruse als Wohnung. Als Konrad Kruse nach 36-jähriger Tätigkeit mitten in den Wirren des 30-jährigen Krieges 1626 in Hagen starb, stand das Pfarrhaus zunächst leer. Da es im schlechten Zustand war, ließ der neue Pastor Theodorus Mauritius Buschmann das alte Pfarrhaus 1631 nie­derreißen und ein neues bauen. Dies bestand aus einem Fachwerkteil im östli­chen, und einem steinernen Teil, dem sogenannten ,,Steinwerk" im westlichen Teil. Zur Haushebung wurde trotz aller Kriegsunbill nicht gerade ärmlich gefei­ert. „Ein feistes Rindt,... dröges Fleisch, Speckes, Mettwürste" und Bier wurden verzehrt. Als Mauritius 1633 von den Schweden vertrieben wurde, setzten die evangelischen Pfarrer Dr. Johannes Falconius und Albertus Rodemeister den Hausbau fort und vollendeten ihn.

 Dieses Pfarrhaus wurde dann am 12.4.1723, dem Tag des großen Brandes in Ha­gen, größtenteils ein Raub der Flammen. Lediglich ein Teil des ,,Steinwerks" blieb stehen. Noch im Sommer 1723 wurde für 765 Taler ein neues Pfarrhaus errichtet, welches wie der Vorgängerbau im westlichen Teil aus Stein, im östli­chen und der Kirche zugewandten Teil aus Fachwerk bestand. Dieser Bau steht, was den Fachwerkteil anbelangt, in seiner Grundsubstanz noch heute. Seine la­teinische Giebelinschrift lautet unter Bezugnahme auf den großen Brand von Hagen (deutsche Übersetzung):

„In diesem Jahre, am 4. des Monats August, erhebe ich mich aus der Asche. Heiliger Martinus, bewahre dieses Haus, das unter deinem Schutz entstanden ist."

Die rot gehaltenen Großbuchstaben der Inschrift ergeben, als lateinische Ziffern addiert, zweimal die Jahreszahl ,,1723". Die im linken Torbalken eingravierten Initialien ,,M.C.W." stehen für den Hagener Zimmermann, ,,Meister Claus Witte", den Baumeister.

 Nach 1723 sind bauliche Veränderungen nachweislich 1819 am steinernen, westlichen Teil des Pfarrhauses vorgenommen worden. Wohnstube und Schlaf­kammer  waren „so versunken und überhaupt so niedrig, enge und feucht", daß eine Verbesserung und Erweiterung unumgänglich notwendig war. Es wurde deshalb im Sommer 1819 der ganze hintere Teil nach einem Plan des Landbau­inspektors Doeltz „ganz von zwei Etagen gebaut." Seit 1819 sind größere Veränderungen am Pfarrhaus nicht mehr vorgenommen worden, so daß wir noch heute in etwa den Bauzustand jenen Jahres vorfinden.

 Erst mit dem Neubau des Pfarrhauses 1981/82 südwestlich der neuen Kirche verlor dies alte Pfarrhaus seine ursprüngliche Funktion. Nach einer in zwei Pha­sen (1984 und 1986) erfolgten Renovierung wird das Gebäude als Bücherei und Begegnungsstätte sowie als Töpfereimuseum genutzt.

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