Der Künstler Karl Jakubietz und sein Lieblingswerk

Manfred Reh

Im Jahre 1958 wurden die farbigen, bleiverglasten Fenster in der Ehemaligen Kirche im Auftrag des damaligen Pastors Fipp von dem Hagener Künstler Karl Jakubietz entworfen, gefertigt und eingebaut. In überwiegend dezenten Farbvariationen stellen sie die sieben Sakramente dar.

Das Lieblingsbild des Meisters in der Turmaußenwand, das St. Martin und den Bettler zeigt, besticht durch teils kräftige Farben der Gestalten auf gut abgestimmten, mehrfarbigem Hintergrund.

Das Jubiläum der Kirchenfenster ist Anlass, den verdienten Hagener Künstler zu ehren und ihn und seinen Lebensweg zu beschreiben. Karl Jakubietz wurde am 12. Januar 1924 in Ratibor ( Oberschlesien) als Sohn des Expeditionsleiters eines großen Werkes geboren. Von seinen Geschwistern lebt sein 10 Jahre älterer Bruder in einem Nachbarort. Im Alter von 8 Jahren wurde man auf sein Mal- und Zeichentalent aufmerksam:

Ordensschwestern schenkten ihm ein dickes Buch, in das er seine Bilder malte. Später beim Einmarsch der sowjetischen Truppen ist es leider von russischen Soldaten mitgenommen worden. Nach der Schulentlassung 1939 erlernte er zunächst den Beruf des Vermessungstechnikers. Durch den Geistlichen Prälaten Olitzka, der die damalige Zentrumspartei in Oberschlesien anführte, wurde dem 16-jährigen ein Stipendium an der Päpstlichen Kunstakademie in Rom ermöglicht. Der Zweite Weltkrieg verhinderte das Studium. Statt dessen wurde er nach Ableistung des Arbeitsdienstes eingezogen, war als junger Soldat in Frankreich und Italien, wurde von Italienern gefangen genommen, nach Mexiko in dreijährige amerikanische Gefangenschaft übergeben und 1947 von England aus entlassen. Durch seinen mittlerweile ortsansässigen älteren Bruder kam Karl Jakubietz nach Hagen, im Rucksack die in Amerika durch Tausch und Kauf erworbenen für ihn sehr wertvollen Aquarellfarben, die es in der Nachkriegszeit hier noch nicht zu kaufen gab. In Hagen fand er seine neue Heimat, sein neues Zuhause, dem er sich zutiefst verbunden fühlte. Hier lernte er seine Frau Maria kennen, mit der er vier Kinder hatte. Hier baute er sein Haus in der Wilop, hochgeschätzt von Freunden und Nachbarn.

Pastor Fipp wurde auf den jungen Künstler aufmerksam und wurde bald sein treuer Kunde. Für seine Arbeiten, beispielsweise für die Darstellung der Sixtinischem Madonna, entlohnte ihn der Geistliche in der zu der Zeit meist möglichen Form in Naturalien, z.B. durch einen neuen Anzug. Mit 20 Jahren begann Karl Jakubietz ein Studium an der Osnabrücker Kunstakademie, erlernte bei der Osnabrücker Kunstglaserei Honsel den Beruf des Glasers und arbeitete nebenbei im Betrieb des Restaurators und Kirchenmalers Wiegand, wo er auch die Grundbegriffe und Fertigkeiten der Glasmalerei erlernte. Der junge Glasermeister, der seiner Lehrfirma bis zu seiner Pensionierung treu geblieben ist, wurde zu einem gefragten Restaurator von Kirchenfenstern weit über das Osnabrücker Land hinaus, ja bis ins Ausland. In seiner Tätigkeit konnte er viele eigene Entwürfe einbringen.

So gestaltete er unter anderem mit besonderer heimatverbundener Hingabe die Fenster in der Ehemaligen Kirche und in der Friedhofskapelle.


Darstellung des Sakramentes der Taufe Darstellung des Sakramentes der Firmun

Fotos Chr. Nädker

Auch nach seinem Arbeitsleben erfreute er mit seinen künstlerischen Fähigkeiten Verwandte, Freunde und Nachbarn, indem er Fenster entwarf und fertigte oder Gratulationskarten und -gegenstände in sehr ansprechender Weise verzierte. In Karl Jakubietz vereinigen sich ein ausgeprägtes künstlerisches Talent mit hoher Handwerkskunst. Dabei ist er immer ein freundlicher, liebenswürdiger und sehr entgegenkommender Hagener geblieben, der sich durch Bescheidenheit auszeichnete. Trotz eines schweren gesundheitlichen Schicksalsschlages, der seinem künstlerischen Schaffen ein jähes Ende setzte, ist Karl Jakubietz eine Frohnatur geblieben. Er liebte Blumen und ist ein Familienmensch mit einem ausgeprägten Sinn für Geselligkeit, der viele Freunde und Bekannte hatte. Bereits 1947 sang er im Kirchenchor mit, war 55 Jahre aktives Mitglied im Männergesangverein und arbeitete viele Jahre in der Kolpingsfamilie und im Kirchenvorstand mit. Unvergesslich sind vielen älteren Gemeindemitgliedern seine Karnevalsauftritte mit selbst getexteten Liedern und selbst verfassten Melodien, mit Quartettauftritten zu bekannten und beliebten Operettenmelodien - eigentlich ein Allroundtalent!
Karl Jakubietz, der über Jahre an den Rollstuhl gefesselt war, verstarb im Alter von 86 Jahren am 27. Oktober 2010. Seine Werke von hoher künstlerischer Qualität, die er seiner Familie, seinen Freunden und Verwandten und uns Hagener Bürgern geschenkt hat, werden nachhaltig in dankbarer Erinnerung bleiben.

Anmerkung:
Dieser Beitrag ist neben vielen anderen in unserem Buch „Hagener Geschichten“ enthalten.

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