Die Auktionatoren Schopmeyer in Hagen a.T.W.

aus:Heimat-Jahrbuch Osnabrücker Land 2017, erweitert um den dort weggelassenen Teil „Die Kunden – alte Hagener Namen“

Die Auktionatoren Schopmeyer in Hagen a.T.W.

Ein Beitrag zum dörflichen Auktionswesen

Johannes Brand

Ein Gerichtsurteil

Am 13 August 1935 erließ das Kreis-Verwaltungsgericht  in Osnabrück einen „Bescheid“ in einer Streitsache zwischen dem Versteigerer Friedrich Schopmeyer in Hagen und der „Kommission zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses“[1]. Was war vorangegangen? Im Jahre 1934 war ein neues „Gesetz über das Versteigerergewerbe“ erlassen worden, in dem festgelegt war, dass die Erlaubnis zum Versteigerungsgewerbe nur erteilt werden dürfe, wenn „1. ein Bedürfnis nachgewiesen wird, 2. der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit für diesen Geschäftsbetrieb besitzt“, so das Gericht. Aufgrund dessen war Schopmeyer die Lizenz verweigert worden, wogegen er geklagt hatte. Das Verwaltungsgericht urteilte nach Einholen von Gutachten der Ortspolizeibehörde und der Industrie- und Handelskammer zugunsten von Schopmeyer und folgte in seiner Urteilsbegründung ganz der Argumentation von Schopmeyers Klageschrift:

„Nach Auffassung des Kreisverwaltungsgerichts sind im vorliegenden Fall beide Voraussetzungen erfüllt. Die Bedürfnisfrage kann unbedenklich bejaht werden, da in der Familie des Klägers das Versteigerergewerbe, wie vom Kläger glaubhaft dargetan worden ist, schon seit über 100 Jahren betrieben wird. Auch nach dem jährlichen Umsatz [schätzungsweise 10.000 RM] liegt ein Bedürfnis für die Zulassung des Klägers vor. Dass er als Versteigerer die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, ergibt sich aus der 30 jahrelangen Geschäftsführung, die nach den glaubwürdigen Angaben des Klägers zu irgend welchen Beanstandungen seitens seiner Auftraggeber keinen Anlass gegeben hat.“

Am 2. Oktober 1935 wurde dann für Friedrich Schopmeyer die neue „Erlaubnisurkunde für Versteigerer“ ausgestellt.

Frühe Hagener Auktionatoren

Erste namentlich bekannte Hagener Auktionatoren waren die Lehrer Ferdinand Joseph Schirmeyer (1752-1825, Lehrer in Hagen seit1781) und Johann Heinrich Henke (1798-1855, Lehrer in der Niedermark seit 1819). Sie erwarben sich Nebeneinkünfte durch Holz- und Nachlassversteigerungen.[2]  Von Schirmeyer ist bekannt, dass er auch Notariatsgeschäfte ausführte.

Ein Jahrhundert Auktionsgeschäft Schoppmeyer

Gehen wir einmal die oben angesprochenen etwa 100 Jahre in der Geschichte der Auktionatoren Schopmeyer zurück, so stoßen wir auf die älteste Urkunde im Hofarchiv Schopmeyer, ein „Actum am Amte Iburg den 19. Febr. 1839“, das die Vereidigung des ersten Auktionators aus dieser Familie beinhaltet:

„Ich Johann Christoph Schoppmeyer gelobe und schwöre, daß ich bei Ausübung meiner Geschäfte als Auctionator beweglicher Sachen die Versteigerungsordnung vom 14. Juli 1838 genau befolgen, ein Gleiches rücksichtlich der, dieserhalb ferner ergehenden Vorschriften beachten, die aufzunehmenden Versteigerungsprotokolle genau und richtig führen und mich bei Wahrnehmung meiner Geschäfte als Auctionator ordentlich, rechtschaffen und getreu beweisen will, so wahr mir Gott helfe p.p.“

Am selben Tag hatte Johann Christoph Schopmeyer als Sicherheit für seine ordnungsgemäße Geschäftsführung eine Kaution in Höhe von 350 Reichstaler zu stellen, die als Hypothek auf seinen Hof eingetragen wurde. Diese „Dienst-Caution“ wurde nach seinem Tode im Jahre1876 erst 1878 aufgehoben und die Hypothek gelöscht.

          Aber bereits 1864 hatte Johann Christoph Schopmeyer seine Amtsgeschäfte wegen Krankheit aufgeben müssen. In einer „Unterthänigsten Vorstellung und Bitte an die hohe Königliche Landdrostei zu Osnabrück“[3] begründete sein Sohn Johann Bernhard Schopmeyer seinen Wunsch zum Stellvertreter seines Vaters offiziell bestellt zu werden so:

„Mein Vater, der Auctionator, pensionierte Untervogt und jetzige Gemeinde-Diener Altenhoff genannt Schoppmeyer allhier leidet an Gicht und hat deshalb meines Gütlichen Beistandes, insbesondere in seinem dienstlichen und gewerklichen Berufe unentbehrlich nöthig; und habe ich bislang zu seiner Zufriedenheit und zur Befriedigung der Gemeinde Hagen diese meine kindliche Pflicht erfüllt: werde auch nicht aufhören derselben ganz mich zu unterziehen solange, nach Gottes Rathschluß, es mein Vater bedarf. Aus naheliegenden Gründen aber kann das persönliche Vertrauen mir nicht genügen, welches man als Erbtheil meines Vaters mir allerdings nicht versagt, wenn ich ohne seine Gegenwart für denselben Versteigerungen abhalten muß.“

Am 27. April 1864 wurde er dann vereidigt; sein Vater blieb aber voll haftender Inhaber des Geschäftes. Johann Christoph und Johann Bernhard waren bis dahin öffentlich bestellte Amtspersonen in ihrer Tätigkeit als Auktionatoren. Der Übergang zu einem privaten Auktionsgeschäft wurde wohl im Jahr 1873 vollzogen. Nachdem die Auktionatoren Nieberg in Glandorf und Pohlmann in Iburg erklärt hatten, dass sie „von jetzt an die Comission als öffentlicher Auctionator niederlegen und um die Erlaubniß bitten, dieses Geschäft als Privat-Auctionator fortführen zu dürfen“, wurde Schopmeyer angefragt, ob er auch diesen Schritt gehen wolle. Es ist anzunehmen, die Schopmeyers von nun an ebenfalls als selbstständige Auktionsunternehmer tätig waren

In der über 100-jährigen Geschichte Schoppmeyer gab es drei Inhaber des Auktionsgeschäftes:

  • Johann Christoph Rudolf Altenhoff (1800-1876) hatte in die Markkötterei Schopmeyer eingeheiratet und den Hofnamen übernommen; seine Frau war Katharina Elisabeth Schopmeyer.[4] Mit ihm dürfte das Auktionsgeschäft 1839 begonnen haben. Neben seiner Markkötterei hat er auch amtliche Funktionen als Untervogt und Gemeindediener wahrgenommen.
  • Sein Sohn Johann Joseph Bernhard Christoph Schopmeyer, stets nur Bernhard geheißen, wurde am 18.2.1842 geboren und starb am 26.10.1924. 1871 heiratete er Katharina Hagemeier aus Kloster Oesede (1842 - 1923).
  • Das erste Kind der beiden Eheleute war der 1872 geborene Sohn Georg Friedrich Schopmeyer. Dieser heiratete im Jahre 1901 Katharina Maria Hehemann aus Gellenbeck und dürfte etwa zu diesem Zeitpunkt auch in das Auktionsgeschäft seines Vaters eingestiegen sein, mit dem er sicherlich von Kindsbeinen an vertraut gewesen ist. Bis etwa 1920 ist in den Versteigerungsakten allerdings regelmäßig der Name Bernhard Schopmeyer oder B. Schopmeyer verzeichnet. Wie schon eine Generation früher um 1864 dürfte das Geschäft von Vater und Sohn viele Jahre hindurch gemeinsam betrieben worden sein.

Bernhard Schopmeyer (Mitte) mit seiner Frau Katharina und dem Sohn Friedrich um 1900. (Hofarchiv Schopmeyer, Martin Bücker)

Schoppmeyer oder Schopmeyer

In früheren Zeiten war die Schreibweise von Namen nicht immer eindeutig festgelegt, konnte sogar von der in den Kirchenbüchern abweichen. Gewohnt sind wir heute die Schreibweise Schopmeyer mit einem p. So finden wir ihn in fast durchgehend in den Kirchenbüchern. In den Auktionsakten und anderen Dokumenten der Familie aber wechselt die Schreibweise des Namens zwischen Schopmeyer und Schoppmeyer. Bernhard und Friedrich selbst schreiben ihn, vor allem auch in Unterschriften, fast durchgebend mit zwei p. Dennoch soll hier einheitlich die heute übliche Schreibweise Schopmeyer verwendet werden.

Die Quellenlage zu den Auktionen

1909 wurden die Versteigerungsunterlagen Schopmeyers vom Landrat in Iburg geprüft und es wurde beanstandet, dass die Protokolle nicht vorschriftsmäßig geführt wurden. Ihm wurde aufgetragen, in Zukunft Vordrucke zu benutzen. Und diese sind uns fast vollzählig erhalten geblieben. Die auf dem Hof Schopmeyer erhaltenen Versteigerungsunterlagen auf Vordrucken setzten im Juni 1909 mit der laufenden Nummer 160 ein. Die Akten wurden bis zum Ende im Jahre 1941 fortlaufend nummeriert.

Insgesamt liegen uns für diesen Zeitraum die Unterlagen über 673 Auktionen vor. Mit einer Ausnahme[5] sind die Nummern von 160 bis 829 erhalten oder lassen sich aus den Heberegistern erschließen. Hinzu kommen 14 Auktionsprotokolle, die keine Nummer enthalten. Nach den Heberegistern, die ab 1901 weitgehend erhalten sind, lassen sich weitere 156 Auktionen bis 1909 erschließen – mit Ausnahme der Auktionen von Herbst 1903 bis Herbst 1905 und von Herbst 1907 bis Herbst 1908. Aus der Zeit vor 1901 liegen nur noch sporadisch Auktionsprotokolle vor, insgesamt nur 24 für den Zeitraum 1857-1898. Mit diesem umfangreichen Bestand lassen sich nun interessante Einblicke in einen kleinen Teil dörflichen Wirtschaftslebens zwischen Kaiserreich und Zweitem Weltkrieg geben.

In der Regel sind ab 1909 die Unterlagen zu einer Auktion in einem Aktendeckel mit der Aufschrift „Sammelheft“ zusammengefasst. Darin befinden sich dann das Formular der Auftragserteilung und das Formblatt „Niederschrift über die Versteigerung beweglicher Gegenstände“, das in Tabellenform einzeln die versteigerten Gegenstände, die Namen der Käufer und den erzielten Preis enthält. Weiterhin finden wir im Sammelheft häufig auch eine zugehörige Umsatzsteuererklärung und Quittungen über die Abrechnung zwischen Auktionator und Auftraggeber.

Überblick über die Auktionen 1857-1941

Über die Güter, die Schopmeyer versteigern durfte, sind wir durch die Erlaubnisurkunde aus dem Jahre 1935 unterrichtet: Nach § 4, Abs 1 der Verordnung über das Versteigerergewerbe durfte er „bewegliche Sachen […] einschl. Früchte, die vom Boden noch nicht getrennt sind und Holz auf dem Stamm, sowie Pachtrechte an Grundstücken (Verpachtungen an den Meistbietenden)“ versteigern.

Verschaffen wir uns zunächst einen stark vereinfachten Überblick über das Auktionsgeschehen, indem wir die in den 853 bekannten Auktionen seit 1857 verkauften Güter in vier Gruppen sortieren:

  • 579-mal wurden Nutz- und Brennholz (meistens nur Brennholz),
  • 217-mal Viehfutter auf Feld oder Wiese (Gras, Klee),
  • 56-mal Feldfrüchte und Obst,
  • 41-mal Mobiliar (Hausrat, landwirtschaftliche Geräte, Dachpfannen) verkauft.

Während die meistens im Wald stattfindenden Holzauktionen ausschließlich Brenn- und Nutzholz umfassten, wurde Mobiliar oft in Verbindung mit der Versteigerung von Viehfutter und Feldfrüchten angeboten. In vier Fällen mit sieben Auktionen ging es um Haushaltsauflösungen durch einen Vormund für verwaiste unmündige Kinder.

Nur einmal, im Jahr 1902, wurden auch Plaggen verkauft. Da mit der Einführung von Mineraldünger die Plaggendüngung Anfang des 20. Jahrhunderts aufhörte, wird hier offensichtlich ein Endpunkt markiert. Wir dürfen annehmen, dass nach der Markenteilung im 19. Jahrhundert häufiger Plaggen im Versteigerungsangebot gewesen sind. Plaggen wurden meistens zunächst als Einstreu im Viehstall verwendet. Zwar war später Dünger immer mal wieder im Angebot, gemeint ist aber dann wohl meistens Stalldünger auf Strohbasis.

Regionale Verteilung der Auktionen

Die angebotenen Güter legen es natürlich nahe, dass die Auftraggeber der Auktionen meistens die bäuerlichen Vollerwerbsbetriebe (Vollerben, Halberben, Erbkötter und Markkötter) waren. Deren Inhaber werden in den Auktionsprotokollen bis 1920 alle „Colone“ genannt, anschließend heißen sie „Hofbesitzer“ und ab 1934 entsprechend der nationalsozialistischen Ideologie „Bauern“. Unterschieden werden von ihnen die gelegentlich auftretenden „Heuerlinge“ und „Neubauern“, die ihre Landwirtschaft überwiegend im Nebenerwerb betrieben.

Nach der „Erlaubnisurkunde“ von 1935 durfte Schopmeyer in der Samtgemeinde Hagen und in den Gemeinden Holzhausen, Hasbergen, Ohrbeck und Malbergen versteigern. Überraschend ist allerdings die regionale Verteilung der Auktionen innerhalb der Samtgemeinde Hagen: Drei Viertel der Versteigerungen fanden in den drei Gemeinden Gellenbeck (229), Beckerode einschließlich Dorf Hagen (231) und Sudenfeld (196) statt. Daneben gab es in den drei anderen Gemeinden Natrup-Hagen (91), Altenhagen mit Große Heide(49) und Mentrup (23) nur selten eine Schopmeyersche Auktion. Aber betrachten wir die Gemeinden im Einzelnen:

Gellenbeck: Über den ganzen zu untersuchenden Zeitraum hinweg waren hier die wichtigsten Kunden die Bauern Meyer zu Gellenbeck (62), Meyer to Bergte (43), Bensmann (41) und Kleinewördemann (20).

Beckerode: Regelmäßige Auftraggeber waren die Bauern Krützmann (52), Kasselmann (41), Wibbelsmann(35), Schulte to Brinke (22) und Altevogt (14). Interessant sind hier noch die Handwerker Maler Flesch (11) und Bäcker Engelmeyer (5), die über Grundbesitz verfügten und Gras als Viehfutter anboten.

Sudenfeld: Schopmeyers Stammkunden waren hier während des ganzen Zeitraums die Bauern Sudenfeld (37), Gretzmann (34), Berelsmann (26), Westenberg (27), Meyer zu Mecklendorf (20) und Kriege (8).

Natrup-Hagen: Zumindest bis etwa 1930 gab es hier zwei Stammkunden, nämlich die Bauern Konersmann (23) und Wellmann (12).

Außerhalb der Samtgemeinde Hagen fand Schopmeyer nur wenige Auftraggeber. Vereinzelt fanden in Holzhausen und Ohrbeck Auktionen statt, vor allem elfmal zwischen 1932 und 1938 im Auftrag des Bauern König. Einige wenige Auktionen gab es auch vor dem Ersten Weltkrieg in Holperdorp. Zwei auswärtige Auftraggeber aus Osnabrück und Oesede ließen Mobiliar allerdings in Hagen versteigern.

Der Markkotten Schopmeyer in Beckerode am Rande des Dorfes Hagen um 1960. (Hofarchiv Schopmeyer, Martin Bücker)

 

Konkurrenten in Hagen

Hier stellt sich nun die Frage nach weiteren Hagener Auktionatoren, die es ja gegeben haben muss. In einem Schreiben an das „Königliche Kreisamt zu Melle“ vom 18. Juni 1878 beschwert sich Schopmeyer über eine Anhebung der Gewerbesteuer von 6 auf 9 Mark, obwohl „sich hier seit einigen Jahren noch zwei Auctionators dazu etabliert, namentlich Ch. Krösche und Thierarz [sic!] Wulf[6] […]“ Über deren Tätigkeit liegen bisher keine Erkenntnisse vor, aber Schopmeyer schreibt weiter in seiner Begründung: „[…] wodurch mein Geschäft nicht nur um die Hälfte sondern wohl um daß Vierfache verringert ist.“ Immerhin weiß Schopmeyer, dass die beiden jeweils zu 6 Mark Gewerbesteuer veranlagt wurden. Danach waren sie in den Augen der Steuerbehörde also durchaus erfolgreich, aber Schopmeyer war immer noch der größte Auktionator in Hagen.

Aus dem Jahr 1909 liegt dem Verfasser eine Abschrift eines Protokolls einer Holzversteigerung vor, die der Auktionator August Schwengel für seinen Auftraggeber Kaufmann Hermann Kreimer angefertigt hat. Auch über das Wirken Schwengels als Auktionator ist bisher nichts Näheres bekannt.[7]

Die Kunden – alte Hagener Namen

Um wegen der Zahlungsfrist auch später noch genau zu wissen, wer, welche Partie gekauft hatte, mussten die Namen eindeutig festgehalten werden. Wegen der vielen Namensgleichheiten in Hagen hätte es nahe gelegen, Ortsteil und Hausnummer zu notieren[8]. Aber da man sich in Hagen kannte, definierte der Auktionator seine Kunden nur mit ortsbekannten Zusätzen:

  • Oft reichte die Hinzufügung des Ortsteils.
  • Gelegentlich wurde der Beruf hinzugefügt (Bäcker, Lehrer, Pastor, Pferdeschlachter, Schlachter, Schneider, Schuster, Tischler, Töpfer, Wachtmeister, Wirt …). Neubauern aber wurden stets mit einem weiteren Zusatz vermerkt.
  • Bei Heuerleuten wurde meistens der Name des Hofes hinzugefügt, zu dem die Heuerstelle gehörte.
  • Erste Siedlungsansätze außerhalb des Dorfkerns bekamen Straßennamen, oft abgeleitet von Flurbezeichnungen.
  • Für viele Familien gab es ortsbekannte Beinamen, ebenfalls oft abgeleitet von Flurbezeichnungen.

Auf die beiden letzten Gruppen sei im Folgenden besonders eingegangen:

Siedlungsansätze: Von Anfang an sind Bewohner des Spellbrinks bei den Auktionen anzutreffen. Neun Namen von Neubauern begegnen uns dort, die sich nach der Auflösung des Gutes Spellbrink[9] ab 1880 bei ihren dort erworbenen Grundstücken niedergelassen hatten. Ab 1914 begegnet uns auch der Siek mit acht verschiedenen Namen. Ab etwa 1930 wurde die Sandstraße nach einer systematischen Planung bebaut und so finden sich dann auch plötzlich zwölf Bewohner dieser Straße in den Listen. Auch die Fläche der ehemaligen Beckeroder Eisenhütte und der späteren Kesselschmiede, der heutige Beckeroder Platz, wurde etwa gleichzeitig verstärkt bebaut. Die Bewohner erhielten in den Listen den Zusatz „Kesselschmiede“.

Flurbezeichnungen[10]: Vereinzelt tauchen folgende weiteren Flurbezeichnungen auf, die wir heute als Straßennamen kennen: Bückersberg, Ellenberg, Holtkamp,Lit (Du Plat: In der Lieth, heute Liedstraße), Mentrupperhoff (heute Zum Mentruper Hof).

Andere Flurbezeichnungen wurden ganz eng mit den Bewohnern eines dort stehenden Hauses verknüpft, manchmal waren die Familienmitglieder nur unter diesem Flurnamen bekannt. Zu nennen seien da:

  • Herkenhoff Bergkamp: Am Hang unterhalb der Grafentafel liegt diese Flur. Die dort wohnende Familie trägt immer noch den Beinamen „Bergkamps“ oder „Biärgkämper“.
  • Hellermann Distelkamp: Möglicherweise kommt der Name dieser Flur, die im heutigen Forellental liegt, daher, dass dort bei der Urbarmachung besonders mit üppigen Distelbeständen zu kämpfen war.
  • Herkenhoff Gibbenhoff: Die Gastwirtschaft Herkenhoff an der Dorfstraße ist noch heute unter dem Namen Gibbenhoff bekannt.[11]
  • Neubauer Menkhaus Krüsenkamp: Die Karte von Du Plat verzeichnet im äußersten Nordosten von Altenhagen eine Flur „Krusen Kämpe“(heute: Im Busch), abgeleitet vom Hof Kruse in Altenhagen.
  • Neubauer Plogmann Paradiese: Das „Paradies“ befindet sich an der Iburger Straße zwischen „Himmelreich“ und Bauer Vollmer.
  • Bensmann im Pohlkamp: An der Nordwestseite des Silberbergs in der Nähe des Steinbruchs liegt der Pohlkamp, wohl benannt nach einem Teich (Pohl), der dort auf der Karte von Du Plat von 1787 eingetragen ist. Hier erbaute Konrad Bensmann auf einem Erbpachtgrundstück des Bauern Witte-Elixmann ein Haus (heute Am Silberberg 1), das nach dem Umzug der Familie Bensmann an die Görsmannstraße von Witte-Elixmann erworben wurde. Die Familie Bensmann hatte noch lange den Beinamen „Pohlkamps“.
  • Sandkämper Rosenthal: Zu der Zeit, als durch Schafbeweidung das Aufkommen von Wald behindert wurde, soll es am Südwesthang des Borgbergs einen Bestand wilder Rosen gegeben haben, den die Schafe gemieden haben. Bei der Urbarmachung des Geländes wurde dieses Stück ebenfalls gerodet und die Lage des neuen Gehöftes dann im Volksmund „im Rosental“ bezeichnet. Die in den Versteigerungsakten genannte Familie Sandkämper wohnt seit 1911 dort (heute: Zu den Duvensteinen).
  • Obermeyer Steinkamp: Das Haus führt heute die Hausnummer 20 an der Sudenfelder Straße, liegt aber weit ab von dieser mitten im Wald und ist ehemals ein Heuerhaus des Bauern Westenberg. Der Steinkamp ist eine Flur am Nordhang des Hönebergs oberhalb des Roten Baches.
  • Hülsmann Straukamp oder Strokamp: Die Familie Hülsmann wird in den Protokollen bereits ab 1911 mit diesem Beinamen kenntlich gemacht. Bevor sie in diesem Markkotten wohnte, lebte dort eine 1846 nach Amerika ausgewanderte Familie Strokamp.
  • Ehrenbrink Tacht oder Tagt: Bereits die Karte von Du Plat aus dem Jahre 1787 verzeichnet längs der heutigen Holperdorper Straße, südlich des heutigen Gellenbecker Friedhofs und östlich des Wäldchens Im Stern die Flurbezeichnung „Auf der Tagte“. Die dort lebende Familie Ehrenbrink war lange Zeit in Hagen nur unter dem Namen Tagtmeyer bekannt.
  • Diekmann im Wulwe: Der Überlieferung nach wurde der letzte Wolf in Hagen ganz hinten in der Kollage erlegt und der Ort heißt seitdem im Volksmund „Im Wulwe“.[12]

Besondere Wohngebäude: Manche Häuser waren unter einem Begriff oder Namen jedermann bekannt und konnten so ebenfalls den Käufer näher definieren.

  • Abramschos: Als der Schmied Abraham Enselmann etwa 1830 eine Eisengießerei an der Osnabrücker Straße (heute Nr. 35) gründete, bekam sein Anwesen im Volksmund bald den Namen „Abrahams Schoß“.[13]
  • Armenhaus: Das Armenhaus befand sich in Gellenbeck an der Gassebrehe.
  • Kummerige: Das sogenannte Kummerhus stand am heutigen Kummerskamp. Es hat seinen Namen daher, dass hier früher der Pfandstall stand, in dem gepfändete („bekummerte“) Sachen und Vieh untergestellt wurden.
  • Sandkrug: Mit dem „Sandkrug“ genannten Heuerhaus des Bauern Meyer to Bergte an der heutigen Sudenfelder Straße (Nr. 13) war früher eine Schanklizenz verbunden.[14]
  • Villa: Hier ist das noch heute so benannte Wohnhaus an der Natruper Straße in Gellenbeck gemeint.
  • Villa Hagen: Auch in der Obermark gab es ein „Villa“ genanntes Haus, das im Bereich des heutigen Grünen Weges stand.
  • Alte Schule: Es handelt sich um die erste Niedermarker Schule, heute Sudenfelder Straße 15, die 1884 nach der Verlegung der Schule auf den Spellbrink an den Heuerling Franz Plogmann aus Natrup-Hagen verkauft wurde.[15]
  • Neubauer Rottmann Schule Hagen: Nach dem Neubau eines Schulgebäudes an der heutigen Schulstraße im Jahre 1911 wurde das nicht mehr benötigte Gebäude der Mädchenschule (1827-1911) an der heutigen Jahnstraße Nr. 6 an den Tischler Heinrich Rottmann verkauft.[16]

Sonstige Beinamen: Hier werden noch zwei genannt. Ein Niehenke in Natrup wird „Klippen“ genannt. Dieser Name hängt immer noch an der an der heutigen Heidbergstraße beheimateten Familie Minnerup. Laut einer Notiz von 1948 in der Chronik der evangelischen Volksschule Natrup-Hagen ist mit dem Begriff „Klippen“ ein „Stufenförmiger Weg am Heidberg“ gemeint. – Und als „Stüttemeyer“ war bis zuletzt der Schuster Hehmann in Gellenbeck bekannt.

Brennholz als wichtigstes Versteigerungsgut

Bis nach dem Zweiten Weltkrieg geschah die Versorgung mit Heizmaterial weitgehend aus dem wohnortnah vorhandenen Material und das war in Hagen Brennholz. Verwiesen sei auf die Bestände sogenannter Huchtbuchen, die regelmäßig geschnitten wurden, um Brennholz zu gewinnen. Weit verbreitet war im Hagener Raum seit der Aufhebung der Marken Anfang des 19. Jahrhunderts und der folgenden Wiederbewaldung auch die Niederwaldwirtschaft.

Die Bauern mit größerem Waldbesitz gewannen in jedem Winter systematisch Brenn- und Nutzholz in einem so großen Maße, dass es auf dem kleinen direkten Geschäftsweg sinnvollerweise nicht mehr zu verkaufen war. Bis zu hundert „Haufen“ Brennholz waren gelegentlich abzusetzen. Hier setzte die Tätigkeit des Auktionators ein. Er legte im Auftrag des Waldbesitzers einen Termin fest, an dem das gesamte geerntete Holz angeboten wurde. Dieser Termin wurde – einen oder zwei Sonntage vorher – durch Anschlag an den Bäumen bei den Kirchen bekannt gemacht. Da fast jeder Erwachsene sonntags zur Kirche kam, war dies der einfachste Weg, örtliche Informationen zu verbreiten. Der Auktionator führte also Anbieter und Nachfrager zusammen, wickelte das Geschäft nach dem Höchstgebotsverfahren ab, betrieb das Inkasso, sorgte für die Abrechnung mit dem Auftraggeber und die Abführung der gesetzlichen Steuern. Eine Holzverkaufssaison ging in der Regel von Ende November bis Mitte Februar.

Bevor wir die Preisentwicklung untersuchen, ist es nötig, die angebotenen Mengen zu klären. Wir übernehmen aus einer Preisliste aus den Jahren 1919/1920 den Begriff „Haufen“[17] für einen Brennholzposten. Schopmeyer spricht gelegentlich von Nummernzetteln, die sich auf einen Haufen bezogen. Schwengel spricht in seinem vorliegenden Protokoll von 1909 von „Nummern“. Was ein „Haufen“ oder eine „Nummer“ war, ist nirgendwo definiert. Schwierig ist es, die Preise zu vergleichen und die Preisentwicklung zu werten, da wir nicht wissen, wie Qualität und Quantität der einzelnen Haufen waren. In dem bereits erwähnten Protokoll des Auktionators August Schwengel vom 4. Dezember 1909 wird immerhin unterschieden zwischen „Brennholz (Braken)“ und „Brennholz (dickes)“. Zwar erzielt das dicke Brennholz durchschnittlich höhere Preise als die Braken, aber auch da gab es offensichtlich unterschiedliche Qualität und/oder Quantität. In zwei erhaltenen „Aufmass-Listen“ aus dem Jahr 1942 für Brennholzverkäufe unterscheidet Schopmeyer nach „Schnittholz“, Knüppel“ und „Reisig“ und gibt als Maß Raummeter (rm) an. Ob auch in der Vergangenheit in Raummetern gemessen wurde, muss offenbleiben. Die Käufer jedenfalls waren stets persönlich bei der Auktion anwesend und schätzen für sich den wert eines bestimmten Haufens durch Besichtigung ein.

Greifen wir als ein Beispiel die Auktion Nr. 514, Brennholzverkauf des Hofbesitzers Gretzmann in Sudenfeld am 23. Dezember 1925 heraus: Die angebotenen 98 Haufen erzielten Preise von 10 bis 41 Mark, im Durchschnitt 26,95 Mark. Der Haufen mit dem höchsten Preis kostete somit das Vierfache des billigsten Haufens. Bei der großen Anzahl von Holzauktionen mit jeweils vielen Haufen scheint es aber zumindest gerechtfertigt zu sein, pro Saison einen durchschnittlichen Preis für einen in Qualität und Menge durchschnittlichen Haufen anzunehmen und so doch eine Preisentwicklung zu ermitteln. In der folgenden Tabelle sind einige Winter zusammengestellt, die gewissermaßen Eckpunkte in der Preisentwicklung darstellen.

Saison

Anzahl der Brennholzauktionen

Gesamtzahl der Haufen

Durchschnittspreis pro Haufen

1902/03

17

794

9,30

1908/09

17

792

10,96

1913/14

17

642

13,05

1918/19

14

588

30,50

1921/22

15

670

215,96

1922/23

9

361

16.238,23

1923/24

4

146

26,03

1925/26

11

436

16,27

1928/29

21

874

16,05

1929/30

16

658

18,15

1930/31

15

568

16,08

1931/32

13

541

12,65

1932/33

20

765

10,10

1933/34

15

659

18,82

1935/36

19

766

18,26

1940/41

2

45

26,44

In der Tabelle sind einige Winter zusammengestellt, die gewissermaßen Eckdaten in der Preisentwicklung bei Brennholzauktionen darstellen können.

Der Erste Weltkrieg (1914-1918) führte, bedingt durch die Kriegswirtschaft, zu einer allgemeinen Teuerung, die sich auch in dem Preisanstieg von circa 13 auf 30 Mark zeigt. Hierzu steht uns übrigens eine interessante lokale Preistabelle zur Verfügung, die der Gellenbecker Schulleiter Wilhelm Wolf nach Kriegsende in seiner Schulchronik niedergelegt hat. Danach kostete ein Haufen Brennholz vor dem Krieg zwischen 7 und 16 Mark, im Krieg zwischen 30 und 80 Mark und 1920 zwischen 100 und 300 Mark.[18]  Die folgende Inflationszeit wird in den Brennholzversteigerungen nur zum Teil greifbar in der Wintersaison 1922/23. In einer einzelnen Brennholzauktion im Juni 1923 wurden dann bereits ein Durchschnittspreis von 41.256 Mark pro Haufen erzielt. Während der eigentlichen Hyperinflation im Sommer und Herbst 1923 fanden keine Brennholzauktionen statt. Aber die Verunsicherung der Menschen, vor allem auch der Anbieter zeigt sich offensichtlich darin, dass in der unmittelbaren Zeit nach dem Ende der Inflation in der gesamten Wintersaison 1923/24 nur vier Brennholzauktionen stattfanden.

Ende der zwanziger Jahre brach die Weltwirtschaftskrise mit der Folge einer katastrophalen Arbeitslosigkeit aus. Die sinkenden Einkommen führten zu sinkender Nachfrage und dürften auch auf den Brennholzmarkt durchgeschlagen haben. Zumindest zeigt die Entwicklung der Jahre 1929-1933 ein Sinken der Brennholzpreise. In den 1930er Jahren stiegen die Preise mit der wirtschaftlichen Erholung wieder, bevor der Zweite Weltkrieg zu einem erneuten Preisanstieg führte. Die totale Konsumgüterbewirtschaftung während des Krieges aber betraf die Geschäftstätigkeit Schopmeyers nur noch einen Winter lang. Im Winter 1940/41 gab es nur noch zwei Brennholzverkäufe. In den Protokollen Nr. 825 und 826 ist jeweils der Begriff „Versteigerung“ durchgestrichen. In 825 heißt es dann schlicht „… wurden folgenden Num. Brennholz verkauft“ und in Nr. 826 heißt es „… beauftragte uns folgende Num. Brennholz auf Bestellung zu verkaufen“.

Wer waren die Kunden? Da der Wald weitgehend im Besitz der ehemaligen Voll- und Halberbenhöfe war, traten deren Besitzer fast ausschließlich als Anbieter und nie als Käufer auf. Bei Holzauktionen traf sich das ganze Dorf, offensichtlich aber vor allem die Männer; nur gelegentlich tritt auch eine Witwe oder eine zur Ehelosigkeit verpflichtete Lehrerin als Käuferin auf. Vorzugsweise erschienen die in der Nähe des Auftragsgebers wohnenden Interessenten, aber Bewohner des Dorfes Hagen waren bei fast jeder Holzauktion anzutreffen. Besonders hervorheben kann man auch die vielen Einkäufe der Bäcker und Töpfer.

Gras und Klee in der Wiese und Getreide auf dem Felde

Waren bei den Brennholzauktionen vor allem die Bauern mit Waldbesitz die Anbieter, so zeigt ein zweiter Schwerpunkt, wie sehr das Gewerbe Schopmeyers landwirtschaftlich geprägt war: In insgesamt 217 Auktionen wurde Gras oder Klee versteigert. Bauern, Neubauern und andere Nebenberufslandwirte boten den Anteil an Wiesenfläche, den sie für ihre eigene Winterfuttergewinnung nicht benötigten, an. Dazu wurden die Flächen gegebenenfalls in sogenannte Pfänder eingeteilt. Wilhelm Wolf nennt als Beispiel in seiner bereits erwähnten Preisvergleichstabelle von 1919/1920 als Beispiel eine Pfandgröße von 1000 qm. Der Käufer erwarb mit seinem Höchstgebot das Recht, auf diesem Pfand einmalig Heu zu ernten.

In der Regel fanden die Grasversteigerungen für den ersten Schnitt im Juni statt. Gelegentlich wurde damit kombiniert auch schon der zweite Schnitt („Grammen“ oder „Nachgras“ genannt) versteigert; dann wurde dafür immer genau der halbe Preis des ersten Schnitts berechnet. Ansonsten gab es häufig im September eigene Versteigerungen von „Nachgras“. Die dabei erzielten Preise scheinen höher zu liegen als bei der Hälfte der für den ersten Schnitt erzielten Preise. Aber wir müssen hier sehr vorsichtig sein, da wir auch hier keine konkreten Aussagen über Preisvergleiche machen können. Die Zahl der Versteigerungen pro Jahr war zu klein, über Qualität von Gras und Klee und die Größe der Pfänder wissen wir nichts. Immerhin mag Wilhelm Wolfs Preisvergleich einen Hinweis geben: Danach wurde für „1 Graspfand zum Heuen (1000 qm)“ vor dem Ersten Weltkrieg 7-14 Mark, während des Krieges (vermutlich 1918 oder 1919) 80-140 Mark bezahlt.[19] Einigermaßen verlässlich lässt sich die Preisentwicklung während des Ersten Weltkriegs und der folgenden Inflationszeit vergleichen:

Jahr

Anzahl der Grasauktionen

Gesamtzahl der Pfänder

Durchschnittspreis pro Pfand

1914

6

79

12,88

1918

5

70

58,34

1919

6

67

90,88

1922

4

86

736,05

Juni 1923

4

43

261.976,74

Sept. 1923

Grammen

3

38

8.005.292,89

1925

6

91

12,90

Für das Inflationsjahr 1923 sind auch die erzielten Preise für Grammen der drei Auktionen am 9. September hinzugefügt, den letzten Versteigerungen vor der Währungsreform. Den höchsten Preis für ein Grammenpfand erzielte an diesem Tag Malermeister Flesch mit 20.200.000 Mark. Aber selbst bei diesen Auktionen wurde noch eine Zahlungsfrist bis zum 20. September eingeräumt. In den Folgejahren nahm die Bedeutung der Gras- und Grammenauktionen stark ab, sodass sich keine belastbaren Aussagen mehr machen lassen.

Ähnlich müssen wir uns auch die Versteigerung von Feldfrüchten und Obst vorstellen. 56 Auktionen sind hier nachzuweisen, davon 31 im Zeitraum 1927-1939. Im Angebot waren Getreide (Roggen, Gerste, Hafer, Weizen), Kartoffeln und Steckrüben, nicht immer lässt sich feststellen, ob die Früchte noch „auf dem Felde“ standen oder schon geerntet waren. Über Preisentwicklungen lassen sich keine Aussagen mehr machen. Die Anbieter waren vor allem die kleinen Nebenerwerbsbetriebe der Heuerleute, Neubauern, Arbeiter, Gastwirte und andere. Die Kunden sind in beiden Fällen überwiegend in allen Kreisen der Bevölkerung zu finden, die neben ihrem eigenen Gewerbe- oder Arbeitseinkommen auch noch ein wenig Vieh für den Eigenbedarf an Milch und Fleisch hielten. Vor allem auch die Neubauern treten in großer Zahl als Käufer auf.

Für den regionalen Obstmarkt – vor allem in Osnabrück – gab es eigene Handelswege.[20] Und so ist es nicht verwunderlich, dass reine Obstauktionen nur selten vorkamen; bei Schopmeyer sind sie nur noch1902 und 1906 nachzuweisen. Auch die Obstversteigerungen von 1902 und 1906 fanden im September statt und hatten wohl Obst auf dem Baume zum Gegenstand. Hier dürfen wir dann wohl

  

Stempelsteuer im Inflationsjahr 1923: Während früher eine oder zwei Marken reichten, musste Schopmeyer im Januar1923 bereits eine halbe Seite des Protokolls mit Steuermarken bekleben, im Juni brauchte er bereits eine ganze Seite. Im September desselben Jahres verwandte man statt Marken einen Zahlenstempel mit beweglichen Ziffern. Nach der Währungsreform wurde die Steuer in Goldmark erhoben.(Hofarchiv Schopmeyer)

annehmen, dass eine Nummer einen Baum betraf. Demnach boten 1902 die Colone Wibbelsmann und Rottmann 22 Obstbäume zum Ernten an und 1906 die Colone Wibbelsmann und Krützmann insgesamt 46 Bäume.

Im Zusammenhang mit der Versteigerung von Hausrat des bereits erwähnten Gellenbecker Pfarrers Gustav Görsmann waren im Angebot neben drei Posten Kartoffeln, sieben Posten Gemüse, vier Posten Runkelrüben, einem Posten Wurzeln auch 16 Posten Äpfel und vier Posten Pflaumen. [21] Görsmann war bereits Ende Juni verhaftet worden und man beschleunigte sein Pensionierungsverfahren, um ihn –vergeblich, wie sich zeigen sollte – vor dem Konzentrationslager zu bewahren. So müssen wir annehmen, dass alle diese landwirtschaftlichen Produkte noch nicht geerntet waren.

Haustiere

Nur gelegentlich waren Haustiere im Angebot, und zwar nur bei Nachlassversteigerungen: Im Jahre 1873 gab es allein fünf Auktionen, die als Auftraggeber die Vormünder der „Jürgen Niemannschen Puppillen“  hatten. Dabei wurden auch zwei Pferde (78 und 146 Rthlr.) und zwei Kühe (Kühe 68 und 54 Rthlr.) versteigert. Sie waren damit die wertvollsten Güter im Angebot. – Und im Jahre 1941wurden mit einem Teil des ins Konzentrationslager verbrachten Gellenbecker Pfarrers Gustav Görsmann auch ein Hahn, ein Schafbock, zwei Schafe und eine Ziege versteigert. Auch hier gehörten die Tiere zu den besonders hoch bewerteten Verkaufsgütern.[22] In einer „Verkaufs-Anzeige“, die nur die Datumsanzeige „den 23. d.M.“ enthält und der wir kein Versteigerungsprotokoll zuordnen können – sie stammt folglich aus der Zeit vor 1909 –, wurden neben landwirtschaftlichem Gerät und Hausmobiliar auch „3 Milchkühe 4-6 Jahre alt, 1 Ziege, 1 Lämmchen, 1 tragende Sau, mehrere junge Hühner weiße Italiener“ angeboten.

Mobiliarversteigerungen

Abgesehen von gelegentlichen Nachlassversteigerungen wurden immer mal wieder Haushaltsgegenstände und landwirtschaftliche Geräte verschiedenster Art angeboten. Dabei waren die Anbieter nie die Bauern und Geschäftsleute, sondern überwiegend sogenannte „kleine Leute“, allein neunmal ist ausdrücklich ein „Heuerling“ als Auftraggeber verzeichnet. Da jeder Fall ein ganz besonderer ist, lässt sich das Angebot kaum auktionsübergreifend ordnen. Greifen wir also einige wenige Beispiele heraus und versuchen wir das jeweils Besondere zu erfassen.

          Im Jahre 1862 starb im Alter von 54 Jahren die erste Lehrerin der 1827 gegründeten Mädchenschule im Dorf Hagen, Gertrud Harpenau[23]. Ihr Nachlass wurde am 18. August 1862 versteigert. Neben dem üblichen Hausrat – darunter zahlreiche Bilder, Bücher und ein Bücherschrank – gehörten auch Gartengeräte und eine Ziege zu ihrem Besitz, aber auch zwei Spinnräder und eine Haspel. Ein „Kafeezerfies“ (Kaffeeservice) zeugte von einem gutbürgerlichen Haushalt.

          Auffällig ist bei den beiden Auktionen der Heuerlinge Anton Bensmann (6. April1910) und Goswin Kreienbrink (6. Mai1910), dass neben vielen landwirtschaftlichen Gegenständen auch zahlreiche Geräte zur Textilherstellung wie Spinnräder, Haspeln, Scherräder, Webstühle verkauft wurden.

          Der Nachlass, der im Auftrag von „Maler Gerh. Flesch zu Beckerode, Vormund der verstorbenen Witwe Kasselmannschen Puppillen" in Beckerode versteigert wurde, gewährt einen interessanten Einblick in Vorratswirtschaft eines ländlichen Anwesens vor dem Ersten Weltkrieg. Diese Versteigerung fand mitten im Winter am 15. Januar 1913 statt. Und im Angebot waren auch die Lebensmittelvorräte: 24 ½ Pfund Schinken, vier Pfund Fleisch, 36 ½ Pfund Speck, 13 Zentner Steckrüben, ein Posten Sauerkohl (Sauerkraut), drei Posten Fitzebohnen und je ein Posten Bohnen und Erbsen. Bei Sauerkohl und Fitzebohnen dürfte es sich um jeweils eine Topf- oder Fassportion gehandelt haben. Bohnen und Erbsen waren wohl getrocknet gelagert. Hinzu kamen allein 33 Posten Kartoffeln. Da bei diesen zum Teil die Mengen angegeben sind (140/150 Pfund) lässt bei aller Vorsicht berechnen, dass mehr als 3.000 Pfund oder 1,5 Tonnen eingelagert waren. Wieweit sie auch als Schweinefutter gedacht waren, muss offenbleiben.

Von „Herrn Brickweg, Altenhagen“ erfahren wir den Grund der Versteigerung von Mobiliar: „wegen Aufgabe der Landwirtschaft“. Auffällig ist, dass Brickweg als „Herr“ bezeichnet wird und nicht als „Bauer“. Zu seinem Angebot gehörten immerhin zwei Kutschen – ein Federwagen und ein „Jick“ (Gig) – und drei Ackerwagen, von denen einen „Recktor Kärsten“ (Rektor Kersten[24]), der Leiter der Hagener Volksschule, kaufte.

Das Ende des Auktionshauses Schoppmeyer

Aus bisher unbekannten Gründen lief das Auktionsgeschäft 1941 aus, es gab nur noch wenige Auktionen. Nach zwei Brennholzverkäufen im Januar und zwei Versteigerungen von „Gras in der Wiese“ im Juni gab es im August noch eine Hausratversteigerung (Nr. 829). Schon nicht mehr nummeriert ist die Akte der erwähnten Versteigerung von Hausrat des Gellenbecker Pfarrers Gustav Görsmann im September 1941, die Akte einer zweiten Versteigerung seines Hausrats im November fehlt. Rätselhaft bleibt ein kleiner Zettel, der ohne Zusammenhang mit einer bestimmten Versteigerung aufbewahrt wurde. Er enthält neben einigen schriftlichen Additionen und Multiplikationen die deutlich herausgehobenen Notizen: „Schoppmeyer Verst. 26.1.1942  No 80 fällig am 1.5.1942“. Aus dem Jahre 1942 gibt es dann auch noch die beiden erwähnten Aufmaßlisten für Brennholzverkäufe, in denen sich Schopmeyer noch als Versteigerer bezeichnet. Nach mehr als 100 Jahren – Friedrich Schopmeyer war nun 70 Jahre alt – war das das Ende des Auktionshauses Schopmeyer in Hagen. Friedrich Schopmeyer starb 1957 im Alter von 85 Jahren.

 

[1] Der vorliegende Aufsatz beruht auf einer Auswertung des Hofarchivs Schopmeyer, das ungeordnet in dem Markkotten Schopmeyer vom heutigen Eigentümer Martin Bücker aufbewahrt wird. Alle Informationen und Zitate sind dem Konvolut entnommen, soweit sie nicht gesondert gekennzeichnet sind.

[2] Brand, Johannes; Rottmann, Rainer, Witte Helga: Geschichte der Schulen in der Hagener Obermark. Hagen a.T.W. o. J. (2011), S. 50 f.

[3] Dieses Schreiben liegt in einer nicht datierten Abschrift im Hofarchiv.

[4] Für die Beibringung aller genealogischen Daten der Familie Schopmeyer, die sich nicht aus dem Hofarchiv ergeben, dankt der Autor Herrn Rainer Rottmann.

[5] Da es für die fehlende Nr. 727 auch in der Hebeliste und im Anschreibebuch keinen Hinweis auf eine Auktion gibt, ist anzunehmen, dass versehentlich diese Nr. von Schopmeyer nicht vergeben wurde.

[6] Gemeint ist der Tierarzt Dr. Mathias Wolf, der von 1846-1892 in Hagen tätig war. Zur Person siehe: Rottmann, Rainer: Hagen am Teutoburger Wald – Ortschronik, Hagen a.T.W. 1997, S. 550 f.

[7] Das Protokoll wurde dem Autor von Elisabeth Kreimer-Selberg, Hagen a.T.W. zur Verfügung gestellt.

[8] Das geschah regelmäßig bei Auktionen im benachbarten Holzhausen.

[9] Zur Geschichte des Gutes Spellbrink siehe: Brand Johannes; Rottmann, Rainer; Wulftange, Gregor: 200 Jahre öffentliche Schule in der Niedermark 1809-2009. Hagen a.T.W. o. J. (2009), S. 53-56.

[10] Für die Hilfe bei der Identifizierung alter Flurbezeichnungen dankt der Autor den Herren Albert Sandkämper und Rainer Rottmann.

[11] Zur Geschichte des Gibbenhoffs siehe: Rottmann, Rainer: Der Gibbenhoff. In: Hagener Geschichten. Hagen a.T.W. 2011, S.68-70.

[12] Zur letzten Wolfsjagd in Hagen siehe: Rottmann, Rainer: Aufruf zur Wolfsjagd in Hagen. In: Heimat-Jahrbuch 2006 Osnabrücker Land, S. 46 f.

[13] Siehe dazu auch: Rottmann, Rainer: Die Beckeroder Eisenhütte, Hagen a.T.W. 2006, S. 269-271.

[14] Zur Geschichte der Nebenschule im Sandkrug siehe: Brand Johannes; Rottmann, Rainer; Wulftange, Gregor: 200 Jahre öffentliche Schule in der Niedermark 1809-2009. Hagen a.T.W. o. J. (2009), S. 16-18. In diesem Haus wurde der spätere Hagener Ehrenbürger Hermann Herkenhoff (1899-1990) geboren.

[15] Zur Geschichte der Alten Schule siehe: Brand Johannes; Rottmann, Rainer; Wulftange, Gregor a. a. O., S. 24-42.

[16] Zur Geschichte der Mädchenschule siehe: Brand, Johannes; Rottmann, Rainer, Witte Helga: Geschichte der Schulen in der Hagener Obermark. Hagen a.T.W. o. J. (2011), S. 66-80.

[17] Archiv der Grundschule Gellenbeck: Chronik der katholischen Volksschule Hagen-Niedermark, S. 183-185.

[18] Ebd.

[19] Ebd.

[20] Siehe dazu: Rottmann, Rainer: Obstanbau und Obsthandel in Hegen am Teutoburger Wald, Hagen a.T.W. 2014.

[21] Siehe dazu: Brand, Johannes: Auflösung des Haushalts von Pastor Görsmann im Jahre 1941. In: Nachrichten aktuell Hagen a.T.W. Nr. 1/2013, S.28-31.Zur Biografie Gustav Görsmanns siehe: Brand, Johannes: Pfarrer Gustav Görsmann (1873-1942). Eine Erinnerung zum 70. Jahrestag seines Todes im KZ Dachau. In: Heimat-Jahrbuch 2012 Osnabrücker Land, S. 231- 240.

[22] Vgl. Anm. 12.

[23] Zur Mädchenschule und der Lehrerin Gertrud Harpenau siehe: Brand, Johannes; Rottmann, Rainer, Witte Helga: Geschichte der Schulen in der Hagener Obermark. Hagen a.T.W. o. J. (2011), S.66-79.

[24] Zu Rektor Paul Kersten siehe ebd. S. 94 ff.

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